Auf den Zahn gefühlt

Erfahrung heißt gar nichts.

Man kann seine Sache auch 35 Jahre lang schlecht machen.

(Kurt Tucholsky)

 

Heute will ich mal was von meinem Zahnputzgebaren erzählen….

 

Ach Du grüne Neune, ich glaub dem tut die Hitze nicht gut !

Ihm fällt langsam wohl wirklich nichts mehr ein !

Wo ist der Bus mit Leuten, die das interessiert ?

 

Irgendwie kann ich mir solche oder ähnliche Reaktionen gerade bildlich vorstellen, wenn Du diesen ersten Satz zum Einstieg liest. Nicht trotzdem, sondern gerade deswegen möchte ich heute aber darüber erzählen, was mich mein Zahnputzverhalten in Bezug auf Veränderung, Transformation und Weiterentwicklung lehrte.

 

Vor einigen Jahren fiel bei mir der Groschen, dass es doch logischer und gesünder sein müsste, mein morgendliches Zähneputzen nicht mehr vor, sondern nach dem Frühstück zu praktizieren. Ein Fakt, auf den man schon hätte früher kommen können, aber besser spät als nie.

Da ich bis zu dieser Eingebung jedoch schon ein paar Jahrzehnte auf dem Planten weilte und dementsprechend lang mein bisheriges Putz-Timing praktizierte, lernte ich ein bemerkenswertes Phänomen kennen:

Ganz egal, wie man dieses nennen mag, Automatismus, innerer Verwalter, Routine … mein Änderungsvorhaben war zwar gefasst, doch mein Autopilot griff am Morgen trotzdem stehts am gewohnten Zeitpunkt nach der Bürste und legte los.

Ich konnte es nicht fassen, wieviel Konzentration und Fokus in die Waagschale geworfen werden mussten, um diese Muster zu durchbrechen und wie lange dieser Prozess dauerte. Inzwischen ist das neue Timing längst in Fleisch und Blut und im Rückblick bin ich sowas von dankbar für diese Lehrstunden, die ich da erhalten habe.

 

Wir planen Veränderungen, Wendepunkte und Quantensprünge in unserem Leben.

Wir wollen raus aus destruktiven, toxischen Routinen und Abläufen, aus Hamsterrädern, ungeliebten Jobs, Beziehungen Umfeldern … doch schon bei einer Umstellung der Zahnpflege scheinen einem die Grenzen aufgezeigt !

 

Ist das nicht erschreckend ?

Nein, es ist beruhigend !

 

Denn alles funktioniert nach den gleichen Mechanismen und Abläufen – ob man den Zeitpunkt des Zähneputzens, die Art und Weise des Leerdrückens der zugehörigen Tube, ob es der Plan nach mehr Bewegung ist oder jegliches Beginnen, Verändern, Riskieren, Ausprobieren und unbekanntes neues Terrain betreten.

 

Etwas Neues zu tun ist immer damit verbunden, eine alte Routine durch eine neue zu ersetzen und den inneren Fluss der Handlungen und Gedanken dauerhaft entsprechend umzuleiten – egal, ob die eine Studie dabei von 21 Tagen, die andere wissenschaftliche Abhandlung von 30 Tagen ausgeht oder Du vielleicht nochmal eine andere Zahl dazu gehört oder gar schon selbst erfahren hast.

 

Wenn ich mich inzwischen selbst auch noch dabei ertappe, dass ich mich bei einer eigentlich so ersehnten Veränderung schwertue, mich der Alltag scheinbar ausbremst oder ich gar in die Gefahr laufe, mich selbst zu bedauern, dass gerade etwas nicht möglich sei, dann denke ich einfach an die Geschichte meiner Zahnpflege und darf milde lächeln.

 

Vielleicht hast Du ja schon ähnliche Erfahrungen mit banalen Alltagsroutinen gemacht und Dich ein wenig wieder erkannt ?

Dann hoffe ich, dass ich Dir heute wenigstens ein bisschen nahebringen konnte, welch großartige Lehrmeister Dir da zur Verfügung standen und immer stehen.