Die Kunst des Rosinenpickens

Ich habe einen ganz einfachen Geschmack: Ich bin immer mit dem Besten zufrieden !

(Oscar Wilde)

 

Mal eine ganz banale Frage:

 

Hast Du einen  Lieblingssupermarkt, bzw. einen liebsten Einkaufsladen ?

Zumindest die Meisten von uns haben sicher einen bevorzugten Laden, in welchem sie die Produkte ihres Vertrauens, ihre Lieblingsmarken, Lieblingsspeisen oder ihre langjährig bewährten Artikel fürs tägliche Leben finden. Das Ganze gerne noch bestmöglich kombiniert mit dem Gefühl von Vertrautheit und Bescheid wissen.

 

Es käme aber ganz sicher niemand auf die Idee, in besagten Markt oder Laden zu spazieren, vom Eingang bis zur Kasse jedes Produkt aus jedem Regal mindestens einmal abzugreifen und in seinen Einkaufswagen zu stopfen !

Zudem würde man niemals erwarten oder verlangen, dass vom Eingang bis zur Kasse jedes Produkt in jedem Regal den eigenen Ansprüchen entspricht und ekstatische Begeisterung auslöst.

Eigentlich ein total absurdes und bescheuertes Gedankenspiel - selbst im absoluten Lieblingsladen !  

 

Gerade deshalb erscheint es mir aber umso absurder und bescheuerter, dass eben solche Muster bei der Bewertung und im Umgang mit anderen Menschen, so sehr an der Tagesordnung sind ! 

 

Weiterhin ist es spannend, dass es dabei oft um Menschen geht, welche wir uns selbst irgendwann einmal auf einen Sockel gestellt, bewundert und vielleicht insgeheim oder ganz offiziell den Stempel „Vorbild“ auf die Stirn gepresst haben (sei es im eigenen Umfeld oder eine entfernte Persönlichkeit des öffentlichen Lebens).

Plötzlich weist dieses Produkt „Mensch“ ein abgelaufenes Mindesthaltbarkeitsdatum, ungeliebte Geschmacksrichtungen und Qualitätsmängel der verschiedensten Sorten aus !

Die Stärken und Ressourcen, aufgrund welchen sie einstmals zum Lieblingsprodukt, sorry: zum besonderen Menschen, auserkoren wurden, fallen plötzlich komplett hinten runter.

 

Ich will jetzt nicht unterstellen, dass es ausschließlich ein inländisches Phänomen ist, wenn im Großen mal wieder ein langjähriger Lieblings-Promi als Sau durchs Dorf getrieben wird, wenn man, im Prinzip ganz selbstverständlich feststellen darf, dass auch diese Person (doch zum großen Glück) auch Macken, Schatten und Individualität besitzt.

Oder wenn im Kleinen eine stets so angenehme, geschätzte Person im eigenen Umfeld plötzlich Dinge tut, Sachen sagt und Entscheidungen fällt, welche das Bild Marke Eigenbau von dieser Person auf einmal so seltsam schief hängen lassen.

 

Hat man das Recht oder macht es den irgendeinen Sinn zu erwarten, dass bei Irgendjemand alle Regale mit hochwertigsten Inhalten gefüllt zu sein haben, so wie wir das gerne hätten ?

Warum greifen wir denn überhaupt bei anderen Menschen in die Regalbereiche, welche wir von ihnen gar nicht benötigen, nicht wollen, die uns womöglich nicht einmal etwas angehen ?

Warum nicht hauptsächlich und ausschließlich in jene Regale mit deren Spezialitäten und Qualitätsmerkmalen, welche uns deren Mehrwert bringen ?

Warum geht man auf deren Ladenhüter los, wenn sie doch Top-Produkte zu bieten haben ?

 

Warum also nicht vergleichbares „Rosinenpicken“ wie beim Einkauf ?

 

Das bedeutet nichts Anderes, als von jemandem seine Rosinen herauszupicken, ohne sie ihm dadurch zu stehlen oder ihn zu schwächen. Ganz im Gegenteil profitiert man von dessen Stärken, dessen Qualitäten, weil die besagte Person sie bereits vorlebt, inspiriert und vermittelt, wie etwas geht – quasi Nutzung derer Top-Artikel.

 

Unnötig, darüber zu schwadronieren, welcher Konsum aus welchen Regalen der Zielführendere ist, sowohl für den, der sie zu bieten hat, als auch für den welcher die Wahl an den Eigenschaften hat !

 

Und ganz wichtig:

Rosinenpicken ist kein einseitiges Nehmen, kein Anzapfen und kein Schnorren, denn  durch vermehrtes Rosinenpicken wirst Du von selbst zum Rosinenproduzenten und Deine Rosinen werden dann wiederum gerne von anderen mit Mehrwert gepickt ! 😊