Lerne, den Hulk in Dir zu lieben

Du wirst den Drachen niemals besiegen, doch Du kannst lernen, ihn zu reiten.

(Veit Lindau)

 

Das darf, zumindest bei mir auch mal auf dem Programm stehen:

Richtig fettes, großes Blockbuster-Kino, gerne aus dem Marvel-Universum !

Spannende Abenteuerunterhaltung mit grandioser Tricktechnik und unfassbaren Special Effects, doch was mich letztendlich  dabei am meisten fasziniert,  sind die persönlichen Geschichten der sogenannten Superhelden.

 

Einerseits retten sie als perfekt funktionierende Weltrettungsdienstleister Film für Film unseren Planeten gegen sämtliche Megaschurken.

Gleichzeitig sehen wir sie in ihrem Alltag so herrlich unperfekt, unbeholfen und erfolglos gegen ihre Schwächen, Neurosen und mit ihren Brüchen im realen Leben kämpfen.

Sie können zum hundertsten Mal die Welt retten, ihren Alltag kriegen sie nicht gebacken. 

 

Mein absoluter diesbezüglicher Liebling ist Professor Bruce Banner alias Hulk, ein schüchternes, unsicheres Genie von Wissenschaftler, welcher unter Stress zum grünen Hulk mutiert, dann herrlich sinnfrei auszurastet und erstmal gepflegt alles um sich herum zu Kleinholz kloppt.

Ganz ehrlich, wir sind hier unter uns und es bleibt auch unter uns:

Wer hätte sich wenigstens einmal im Leben nicht einen Gutschein für einen  Hulk-Ausraster gewünscht ?

Eine Absolution, um grün anzulaufen, Dampf ablassen und kurz mal ein paar geparkte Autos oder Häuser durch die Gegend schmeißen dürfen ?

Keine Sorge, es bleibt wirklich unter uns !

 

Und dann kommt im finalen Film „Endgame“ plötzlich diese Szene, in der ein sich ruhender, humorvoll gechillter grüner Hulk, bzw. Professor Banner comebackartig zurückkehrt und seinen durchhängenden Superheldenkollegen erklärt, wie gut es im geht, nachdem er sein jahreslanges bzw. filmelanges Problem endlich kapierte und anschließend transformierte.

Lange hasste er dieses Monster in sich, diese Wut und alle Anteile, welche er in sich trug, aber doch nicht haben wollte. Je mehr er sie hasste und dagegen kämpfte, umso öfter mutierte er zum Hulk !

Und als er endlich erkennen durfte, dass beide Seiten zu ihm gehören und miteinander bei ihm existieren dürfen, transformierte das sein Leben.

 

Ich weiß nicht, wie es Dir geht, aber ich weiß bei mir durchaus mein Stückchen Schnittmenge mit Hulk und Banner.

Eine Schnittmenge in Form von Phasen und Jahren, in denen ich irgendeine Seite oder frühere Entscheidungen, Handlungen verschmähte, brandmarkte und dem Typ im Spiegel dafür alles außer Wertschätzung entgegenbrachte.

Meine Hulks, die ich bei mir nicht haben wollte !

 

Der Zeitpunkt zu verstehen, dass alles, ja wirklich alles, stets genau so passte, genau so sein durfte oder gar musste, um genau der zu sein oder zu werden, der ich heute bin, kam weder über Nacht, noch plötzlich, sondern bedurfte kontinuierlicher Entwicklung und Transformationsarbeit.

Doch nichts ist lohnenswerter zu lernen, als der gute Umganges mit sich selbst !

 

Es ist eine, wenn nicht gar DIE Königsdisziplin, sich seine ungeliebten Anteile anzuschauen, sie anzuerkennen und vor allem gleichermaßen als Teil seiner selbst wertzuschätzen.

Doch noch viel anstrengender und ungesünder ist es auf Dauer jedoch, diese Anteile zu ignorieren, zu verneinen, sie abzulehnen und unter einen imaginären Teppich kehren zu wollen. Denn eins ist so sicher wie dass 1 + 1 = 2 ist:

Sie finden ihren Weg unterm Teppich raus und das mit Vehemenz. Plötzlich fühlt es sich dann doch an, wie das Mutieren zum grünen Monster oder zu was auch immer für einer tragischen Figur, aber es ist dann kein Special Effect, sondern Leben !

 

Es ist mir bewusst, dass ich da heute ein Thema aufgemacht habe, was sich im Prinzip gar nicht in einen kleinen Blogartikel packen lässt. Trotzdem oder gerade deswegen war es mir ein Bedürfnis, diesem Special Effect, der ohne Tricks und Technik auskommt, sowie all den Hulks in uns ,eine Bühne zu geben !